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Was die Buchen über den Waldkindergarten sagen

Überraschende Botschaften des Waldes

Kinder im Wald

 

An einem Sonntag im späten Frühjahr schlenderten mein Freund und ich durch den Wald, der unsere Gemeinde auf fast allen Seiten umgibt. Wir verließen angestammte Pfade und besichtigten den Waldkindergarten, der uns immer so einladend und liebevoll gestaltet erschien.

 

Schon bald entdeckten wir verschiedene Lichtungen, die ganz im Sinne des kindlichen Spiels gestaltet worden waren. Auf einer Lichtung stand ein Bauwagen, ein Tipi war aufgebaut, Beerensträucher gepflanzt, Sitzkreise mit  Baumscheiben als Sitzgelegenheit zusammengestellt. Alles sah harmonisch, liebevoll gestaltet und bedacht gemacht aus. Und so ließen wir uns auf einem Baumstamm nieder und ließen unsere Blicke wandern, lauschten dem Rascheln der Blätter und bewunderten das Licht der Morgenstunden. 

 

Während mein Freund voller Entdeckerlust durchs Unterholz streifte, um die verschiedenen Plätze der Kinder zu erforschen, versank ich in den Kontakt mit den Buchen, die die Lichtung umgaben. Ob sie es wohl genossen, dass hier Kinder herumspazieren und den Tag mit ihnen verbringen? Irgendwie ging ich davon aus, dass dem so sein müsste. Doch für mich völlig überraschend erfasste mich eine bedrückte Stimmung. Die Bäume waren nicht so zufrieden mit dem Waldkindergarten wie ich angenommen hatte. Auf meine Nachfrage, warum die Bäume so bedrückt seien, bekam ich folgende Antworten: 

 

Erstens waren die Bäume und anderen Lebewesen des Waldes vor der Einrichtung des Waldkindergartens nicht um Erlaubnis gefragt und um Unterstützung gebeten worden. Sie hätten einen anderen Platz für den Kindergarten angeboten. 

 

Zweitens hätten sich die Bäume mehr ungestörte Zeit mit den Kindern gewünscht. Sie hätten die Kinder gern unter ihre Fittiche genommen, ihre Weisheit mit ihnen geteilt, sie kosmische und irdische Zusammenhänge gelehrt. Zu viel Förderung und Programm wäre für die Kinder erdacht worden, sagten sie. Die Kinder hätten zu wenig Zeit, der Natur zu lauschen.

Der Waldkindergarten wäre ein KINDERgarten wie jeder andere, nur eben im Wald. Aber kein wirklicher WALDkindergarten. 

 

Irgendwie traf mich das, wusste ich doch um das große Engagement der Mitarbeiter und Eltern, die diesen Kindergarten mit Herzblut aufgebaut und gestaltet hatten. Doch was mich zunächst total überrascht hatte, erschien mir bei näherem Hineinspüren überaus verständlich und nachvollziehbar. Natürlich müssten wir bei all unseren Planungen den Wald einbeziehen, befragen, um Erlaubnis bitten, ihm Respekt zollen. Und ob uns die Lebewesen des Waldes noch gern unterstützen, begleiten und lehren, was sie an Weisheit sammeln konnten, scheint in der Tat fragwürdig - nach all den Jahrhunderten des Raubbaus an der Natur. 

 

Wir haben es schlicht und einfach verlernt, der Natur zu lauschen, uns als einen Teil der Schöpfung zu begreifen, den Lebewesen um uns herum Respekt zu zollen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Es erscheint uns selbstverständlich, über Pflanzen, Bäume und Tiere ganz nach Belieben zu verfügen. Sie in Monokulturen zu zwängen und mit Gift zu besprühen, sie als Erholungsrefugien zu nutzen oder sie nach Belieben umzuformen, abzuholzen, neu zu pflanzen, zu züchten, ihre Gene zu manipulieren und ihnen unsere Wünsche aufzuzwingen. 

 

Schon in meinem Krautgarten hatte ich die Erfahrung gemacht, dass nicht der gärtnerische Rat erfahrener Krautler, sondern die Pflanzen und Samen selbst mir stimmige Unterstützung beim Anlegen meiner Beete war. Einige Beikräuter wollten nicht ausgezupft werden. Und als ich es doch tat, damit ich nach üblicher Gemüsegartenanleitung eine hübsche Reihe Salat hätte aussähen können, entdeckte ich unter diesen Beikräutern einen Ameisenhaufen. Die verschreckten Ameisen versuchten in ihrer Not ihre Brut in Sicherheit zu bringen. Ganz schnell stoppte ich mein Zupfen und Roden und schwor mir, beim nächsten Mal die zarten Stimmen der Pflanzen und Tiere zu achten, die mir beim Anlegen meines Krautgartens den Weg weisen. 

 

Heute sieht es kunterbunt in meinem Krautgarten aus. Ein Eck ist nachwievor von Beikräutern überwuchert. Dorthin ziehen sich die Insekten zurück. Inzwischen wachsen fast alle Gemüsesorten in Gruppen statt in Reihen und sind kunterbunt gemischt. Übrigens nur selten nach Mischkulturanleitung, dafür umso häufiger nach Gefühl. Und bisher scheint das wundervoll zu funktionieren. 

 

Was wäre, wenn wir auch Wälder, Parks und Bauland auf diese Weise anlegen würden? So nach Gefühl. Mit Liebe und Respekt, mit der Offenheit für die Wünsche der Natur - gemeinsam?! Für mich klingt das nach Garten Eden. Als würde sich ein lang gehegter Traum erfüllen. Mein Traum? Der von Mutter Erde? Der des Schöpfers? Ich weiß es nicht, aber einen Versuch ist es wert!

 

Alles Liebe,

deine Inga

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